Motivation: ein Schlüssel zur inneren Wahrheit
Im zweiten Teil der Matrix-Trilogie gibt es eine recht interessante Unterhaltung zwischen Neo und dem Orakel, in der sie ihm sinngemäß sagt: "Du bist nicht hergekommen, um zu wählen – du hast deine Wahl bereits getroffen. Du bist hier, um zu verstehen, warum du diese Wahl getroffen hast."
Abgesehen von der möglichen Diskussion um Vorherbestimmung und Schicksal, lässt sich das ganz praktisch auf dem spirituellen Weg anwenden: permanent im Kontakt zu sein mit der Motivation für unser Handeln – in jedem einzelnen Moment. Es sind unsere Entscheidungen, die uns zeigen, wer wir als Mensch gerade sind.
Entscheidend ist nicht, welche Wahl du triffst, sondern warum
Wie viel von dem, was ich tue, bin wirklich ich? Wo drückt sich wirklich mein Selbst, meine Essenz und Seele aus? Wo laufen konditionierte Programme? Wo alte Verletzungen? Wo handele ich nach den Erwartungen meiner Umwelt? Wo versuche ich mir durch das, was ich sage und tue etwas zu "erkaufen"? Was genau? Und warum?
Zu Beginn meiner bewussten Reise zur Selbsterkenntnis drang die Stimme meines Herzens nur leise zu mir, verschüttet unter einer künstlichen Persönlichkeit, die ich mir über die Jahre angewöhnt haben. Es war ein genaues Hinhören nötig, um die Beiden unterscheiden zu lernen, zu sehen, von wo eine Motivation in mir aufstieg.
Achtsamkeit und aufmerksame Selbstbeobachtung waren in dieser Phase enorm hilfreich. Aber auch weit später auf dem Weg, wenn die Nuancen sehr viel feiner werden, bleibt es in meinen Augen unentbehrlich, stets den Motivationen für unsere Handlungen nachzuspüren, um feine Schattenidentitäten aufzudecken.
Spüren, von Moment zu Moment
Selbstbeobachtung mag nach einer mentalen und analytischen Anstrengung klingen. Tatsächlich geht es aber genau um das Gegenteil: den Kontakt mit unserem Fühlen. Die Automatismen und die faktische Abwesenheit des Selbst lies mich viele Male jeden Tag den innigen Kontakt mit dem Spüren meiner inneren Wahrheit verlieren, die Verbundenheit mit meinen aufrichtigen Gefühlen. Wie fühlt sich Wahrheit an?
Ich bin noch immer fasziniert, wie fein man mit dieser Praxis werden kann, und wie viele blinde Flecken mein Handeln immer noch hat – und wie wenig wir zu anfang mit unseren Motivationen in Kontakt sind.
Jeder einzelne Moment enthält eine Wahl, jede Minute unsers Lebens. Und jede noch so kleine Handlung kann uns tiefe Hinweise auf uns selbst geben. Lächele ich aus Freude oder Bedürftigkeit? Warum und wie sagen ich bestimmte Dinge in einem Gespräch? Woher genau kommt der Impuls zu handeln oder zu sprechen? Von welchem Ort? Was passiert dabei in mir, mit meinen Gefühlen? Was passiert mit meiner Energie? Warum tue ich das? Ist es ein Ausdruck meiner Wahrheit oder brauche ich etwas von Außen?
Wenn wir die Wahrheit über uns wissen wollen, ist das eine Entscheidung von Moment zu Moment zu Moment. Jeden einzelnen Tag. Das mag anstrengend klingen, aber es ist ein schneller und effizienter Weg der Selbsterkenntnis.
Die eigene Wahrheit
Die eigene Wahrheit ist nichts, was sich festhalten lässt. Sie ist ein spontan entstehendes Fließen aus dem Moment heraus. Die innere Klarheit und Transparenz, die dazu nötig ist, entsteht nicht über Nacht, sondern erfordert manches Entwirren und Freilegen und einiges an tiefer Selbstheilung.
Meine Erfahrung ist, dass all das relativ schnell möglich ist, sofern ich mich zu absoluter Ehrlichkeit verpflichte – Ehrlichkeit mit mir selbst und mit allen anderen. Ehrlichkeit darüber, was ich fühle und warum ich Dinge wirklich tue. In jedem Moment. Und Ehrlichkeit ist eine solche Erleichterung! Denn all die Spielchen, die Lügen und die Verleugnung funktionieren erstens sowieso nicht und kosten zweitens unendlich viel Energie. Im Gegensatz dazu hatte ich nicht selten unglaubliche Glücksgefühle, wenn ich die Wahrheit ausgesprochen und eingestanden habe – selbst wenn es äußerlich eine sehr herausfordernde Situation war. Meine Seele, mein ganzes Wesen schien in Glück zu jubilieren. Ehrlichkeit ist ein Nektar für die Seele.
Wahr mit mir selbst und meinen Motivationen zu sein heißt aber auch, Äußeres immer wieder zu hinterfragen. Ich treffe oft Menschen, die aufgrund eines Lehrers, eines Heilers, eines Buches oder einer Gruppe über ihr inneres Spüren hinweggehen. Die Frage in jeder einzelnen Sekunde lautet aber: Was ist hier meine Wahrheit? Was fühle ich in Bezug dazu? Ich glaube, dass es gerade in dieser Zeit enorm wichtig ist, vor allem anderen mit der eigenen inneren Wahrheit in Kontakt zu sein. Das Äußere mag uns berühren und inspirieren, ja, aber es geht immer darum, was das in uns bewegt, was unser Fühlen damit ist.
Bestimmung
Im letzten Teil der Matrix-Filme gibt es dann eine andere Szene, die wiederum eine tiefe Wahrheit enthält. Auf die Frage, warum er noch immer weiterkämpft, ob es vielleicht für Frieden ist, für Wahrheit oder Liebe antwortet Neo nur: "Weil ich es wähle."
Wenn wir dies über jede Sekunde in unserem Leben sagen können, nicht von einem Ort der Kontrolle aus, sondern von einem Ort innerer Klarheit und absoluter Hingabe an unsere Seele, dann wählen wir wirklich uns(er) Selbst: "Ich tue es, weil ich es wähle. Ich wähle es, weil es ausdrückt, was ich bin."
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