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Klarheit – die Manifestation unseres Selbst

Ein chinesisches Sprichwort lautet: „Unklare Worte sind wie ein blinder Spiegel.“

In der letzten Zeit konnte und musste ich am eigenen Leib erfahren, wie meine Umwelt mich zunehmend gezwungen hat, meine Seele zunächst im Inneren klarer zu spüren, um mein Selbst auch im Außen klarer zu zeigen. Klarheit ist meiner Erfahrung nach eine wichtige Seelenqualität hin auf dem Weg zu sich Selbst. Ich habe erlebt, wie mich die verschiedensten Emotionen davon abgehalten haben, meine Bedürfnisse, meine Seele klar auszudrücken.

Für mich war es ein langwieriger Prozess hin zu der Erkenntnis, dass ich erst als das geschätzt, geliebt und wahrgenommen werde, was ich bin, wenn ich mich endlich traue, all meine innersten Bedürfnisse und meine Wahrheit in Aufrichtigkeit mit mir selbst mit meinem Umfeld zu kommunizieren.

Die Realisation von dem, was ist

Der erste Schritt dorthin fängt erheblich früher an – die Realisation meiner Bedürfnisse und Impulse in dem jeweiligen Moment. Es ist die hohe Kunst der Seele, diese Bedürfnisse und Impulse von all den Emotionen, die sie verfälschen, zu reinigen, damit sie sich mir in Klarheit offenbaren können.
Diese Kunst zu erlernen ist für mich immer eine Herausforderung – denn es gilt, meine innersten Bedürfnissen und Impulsen von einer meterhohen Schicht aus Schuldgefühlen, Minderwertigkeit, gesellschaftlichen Normen und zwanghafter Anpassung zu befreien.

Früher haben selbst die kleinsten Entscheidungen mich überfordert, ich war oft unfähig, überhaupt ein Bedürfnis in mir zu erkennen, so sehr war mein Inneres emotional überlagert.Und jede dieser Emotionen hatte ihre eigene Stimme – das absolute Chaos. Meist war ich froh, wenn ein anderer Entscheidungen für mich traf, damit ich mich nicht mit all dem „Zeug“ in mir auseinandersetzen musste. Zunehmend spiegelte mir meine Umwelt aber mein inneres Chaos, meine innere Verwirrung und die Menschen wurden weniger, an denen ich mich orientieren konnte. Als meine Tochter in mein Leben trat, wurde es mir mehr und mehr unmöglich, weiter in der Verleugnung meines Inneren zu existieren. Sie spiegelte mir ungeschminkt meine innere Zerrissenheit und zeigte mir, wie wenig ich dadurch in meiner eigenen Energie war.

Für Kinder ist Klarheit existenziell

Unsere Kinder fordern auf einer Ebene heraus, die selbst unsere Partner so nicht betreten –  es ist die Eins-zu-Eins Spiegelung all unser Defizite und der Risse unserer Seele und auf der anderen Seite unsere größte Chance auf Heilung. Meine Tochter verlangte von mir genau die Klarheit, die ich in mir Selbst nie erlangt hatte. Mir wurde bewusst, dass ihr gesamtes Verhalten ein Schrei nach Eindeutigkeit und klarer Konsequenz meinerseits war. Umso weniger ich mich ihr gegenüber klar verhielt, umso verlorener fühlte sie sich. Für sie ist diese Klarheit existenziell, ohne diese Orientierung ist es ihr unmöglich, sich selbst zu erfahren und sich dabei konstant gehalten zu fühlen.

Die Reinigung der Seele

Ich habe für mich festgestellt, dass ich den Unterschied zwischen der reinen Stimme meiner Seele, die meine Bedürfnisse, Impulse und meine Wahrheit des Moments ausdrückt und all dem emotionalen Schrott am Besten in der Stille spüren kann. Es ist wie ein längeres Trainingsprogramm, zuerst ist es mir in der Meditation möglich geworden, Klarheit zu gewinnen und mehr und mehr lässt sich diese Klarheit auch in den Alltag integrieren. Mittlerweile schaffe ich es immer öfter, in der Kürze eines Moments klare Seelentendenzen zu erfühlen, die meine Entscheidungsfähigkeit enorm erhöht haben und es mir möglich machen, zunehmend intuitiv zu handeln. Schwieriger fällt es mir noch im Umgang mit anderen Menschen, die mir am Herz liegen, meine Klarheit auszudrücken und zu leben, insbesondere wenn mein Umfeld durch eine Entscheidung oder ein ausgelebtes Bedürfnis meinerseits negativ berührt wird. Aber ich nehme mittlerweile zumindest wahr, was aus meinem tiefsten Inneren rührt und welche Handlungsalternative dem Spektrum der Emotionen, Schuldgefühle und der Anpassung entspringt.

 

Gelebte Klarheit

Es ist auf seine eigene Art magisch – umso klarer ich in meinem Inneren bin, umso mehr ich diese Klarheit ausstrahle und sie sich in meinen Worten und meinem ganzen Sein manifestiert, umso weniger stoße ich auf Widerstand und Ablehnung. Im Gegenteil – ich habe eindeutige Begegnungen mit Menschen, die wissen, woran sie bei mir sind. Es fühlt sich tatsächlich so an, als ob sich erst durch gelebte Klarheit der natürliche Fluss des Lebens wieder herstellt. Eine gewisse Leichtigkeit kehrt ein, auch weil ich nicht mehr das Gefühl habe, einen immer größeren Spagat machen zu müssen, um die Lücke zwischen meinen Bedürfnissen und der von mir erzeugten Realität zu schließen. Ungeahnte Energiereserven werden dadurch frei. Aber es erfordert auch die Bereitschaft zum Loslassen. All der Bilder, die wir von den Reaktionen anderer haben, davon, was passieren könnte, wenn… – es sind nur Bilder. Von all dem, was man uns eingetrichtert hat, um uns angepasst in diese Gesellschaft zu integrieren. Und es ist die Aufforderung zur Hingabe an uns Selbst in der Gewissheit, dass wir der wichtigste Mensch in unserem Leben sind.

 

Fotos: Fluß:Some rights reserved by Adam_Wood; Kind:Some rights reserved by rcvnl

 

2 Comments

  • loveandlight

    Liebe Jasmin,
    ich möchte an

    Liebe Jasmin,

    ich möchte an dieser Stelle dir und deinem Blog-Partner gegenüber meinen Respekt ausdrücken. Ich bin über sein.de auf eure Seite gestoßen und finde mich einfach in euren Artikeln wider. Es tut so gut, eure Artikel zu lesen, da sie mir einfach aus dem Herzen sprechen. Gerade diesen Artikel kann ich zum größten Teil voll und ganz unterschreiben bis auf die Tatsache, dass ich keine Tochter habe:-). Jedoch befinde ich mich in einer ähnlichen Situation tagtäglich in der Schule. Ich werde jeden Tag durch meine Schüler mit mir selbst konfrontiert und muss jeden Tag erkennen, wie weit ich in meiner Entwicklung vorangeschritten bin. Das ist manchmal extrem hart und ich bin schon an extremen Tiefpunkten gewesen. Doch irgendetwas lässt mich doch weitermachen…

    Ich habe, genau wie du, auch festgestellt, dass wir erst lernen müssen uns selbst anzunehmen, zu lieben und zu respektiere. Dann erst können wir für andere da sein und unsere Aufgabe voll und ganz erfüllen. Nicht so ganz einfach, aber  es tut gut zu hören, dass die Leichtigkeit irgendwann eintritt:-). Im Moment muss ich noch lernen, die absurden Situationen des Alltags zu akzeptieren und anzunehmen. Ja, das ganze ist ein Trainingsprogramm, wie du so schön sagst. Von daher denke ich ist der folgende Satz die Hauptaussage deines Artikels:

    Für mich war es ein langwieriger Prozess hin zu der Erkenntnis, dass ich erst als das geschätzt, geliebt und wahrgenommen werde, was ich bin, wenn ich mich endlich traue, all meine innersten Bedürfnisse und meine Wahrheit in Aufrichtigkeit mit mir selbst mit meinem Umfeld zu kommunizieren.

    Dazu passt auch gut die Rede von Charlie Chaplin zum Thema "Selbstliebe"…

     

    Vielen Dank für deine inspirierenden Worte!

     

    Einen gesegneten Sonntag wünsche ich dir!

     

     

     

     

    • Jasmin

      ch freue mich wirklich von

      ich freue mich wirklich von Herzen, zu lesen, dass Du Dich in meinen Erfahrungen und unseren Worten wiederfindest. Das ist tatsächlich mein absolutes Herzensanliegen, dass wir uns unterstützen auf unserem Weg und etwas sehr Wichtiges in diesem Zusammenhang ist es, das Gefühl zu haben, dass man nicht alleine ist mit dem, was an tagtäglichen kleinen und grossen Prozessen auf einen einstürmt. Vieles von dem, was wir auf unseren ganz eigenen Wegen zu uns selbst erleben, ähnelt sich und es hilft oftmals, sich mitzuteilen und verstanden zu werden und das auch zu fühlen. Du schreibst: Im Moment muss ich noch lernen, die absurden Situationen des Alltags zu akzeptieren und anzunehmen

      Glaub mir, auch mein Alltag ist weiterhin von Absurditäten gespickt und sowie ich die eine "Lernaufgabe" halbwegs verstanden habe, folgt die nächste. Es entstehen kaum Pausen und so langsam habe ich das Gefühl, dass wird wohl noch eine Weile so gehen, vermutlich lebenslang. Es bewegt mich sehr, zu sehen, dass auch ich nicht alleine bin und so geben mir die Begegnungen, die hier stattfinden, selbst unglaublich viel. Ich danke Dir daher von Herzen, dass Du geschrieben hast und wünsche Dir alles Liebe!

       

      Jasmin