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Der Sturm der Emotionen

Bei der inneren Arbeit mit Gefühlen habe ich immer wieder darüber gesprochen „in das Gefühl hinein zu gehen“. Aber was bedeutet das überhaupt? Wie kann man mit Gefühlen und Emotionen umgehen? In einer Meditation habe ich die folgende Metapher bekommen, wie der Prozess der inneren Arbeit vielleicht beschrieben werden kann.

Der Wirbelsturm der Emotionen

Stell dir deine Emotionen als einen Wirbelsturm vor, einen sich drehenden, mächtigen Tornado aus Empfindungen. In seiner Mitte ist es völlig windstill und dort liegt, vor Blicken verborgen, das wahre Gefühl.

Einige Zeit kannst du vielleicht so tun, als wäre der Wirbelsturm gar nicht da. Du könntest ihm den Rücken zukehren und deine Gedanken so laut drehen, dass du sein Getöse nicht mehr hören kannst. Aber wenn er ein, zweimal deinen Garten verwüstet hat, dann wird es immer schwerer so zu tun, als gäbe es ihn nicht.

Dann traust du dich vielleicht ihn endlich wirklich anzublicken, erschrickst dich aber vor seiner Macht. Vielleicht läufst du weg, vielleicht beschimpfst du ihn. Vielleicht behauptest du, andere hätten ihn zu dir geschickt und verfluchst sie dafür. Vielleicht beauftragst du jemanden, der ihn wegmachen soll.

Wenn du erkannt hast, dass all das nicht hilft, fasst du vielleicht irgendwann all deinen Mut und gehst auf den Sturm zu. Es ist kein leichter Weg, denn mit jedem Zentimeter, den du näher kommst, will etwas in dir nur noch fliehen. Aber es gibt kein Zurück mehr, und du schaffst es, diesmal nicht zu fliehen, dich nicht abzuspalten, sondern präsent zu bleiben, als du die äußere Wand des Tornados berührst.

Auf einmal fühlst du alles, und vielleicht ist das zu viel. Es reißt dich weg: Die Macht der Emotionen, die Story deines Lebens, alles packt dich und wirbelt dich herum, immer und immer wieder. Vielleicht weinst du, vielleicht schreist du, vielleicht läuft das Trauma immer wieder vor deinen inneren Auge ab. Es ist zu intensiv, zu stürmisch, als das du präsent bleiben könntest, als das du wirklich in die Tiefe fühlen würdest. Du bist zu verstrickt und aufgelöst im Drama der Emotionen und eine Runde nach der anderen wirbelt der Sturm dich herum, bevor er dich wieder ausspuckt.

Es hat Mut gekostet, den Sturm überhaupt zu berühren. Und dieser Schritt war wichtig. Aber jetzt glaubst du vielleicht, du hättest dein Trauma aufgelöst, und bist erstaunt, wenn der Sturm das nächste Mal durch deinen Garten tobt. Warum ist er immer noch da?

So geht es vielleicht einige Male: Immer trittst du in die Wand des Wirbelsturmes, immer wirbelt er dich umher, spuckt dich müde und verweint wieder aus. Und immer ist er trotzdem noch da.

Doch dann ist es plötzlich anders. Wieder wirbeln dich deine Emotionen herum, aber du verlierst dich nicht mehr, plötzlich wirst du wach, spürst jede Empfindung in deinem Körper, spürst, wo er sich verkrampft und zusammenzieht. Du lässt die Story los und bleibst nur bei den Empfindungen, entspannst dich völlig in sie hinein, expandierst, lässt dich fallen… und auf einmal bist du nicht mehr in der Wand, auf einmal bist du im Auge des Sturms.

Es ist völlig windstill hier, um dich herum wirbelt die dunkle Wand des Tornados und du lässt sie wirbeln, soviel sie will. Du spürst noch immer ihre Intensität, aber du stehst im Frieden, du fühlst dich leicht, wie von Engeln getragen, wie in Licht gebadet. Und in der Mitte dieses Raumes liegt das wahre Gefühl Wahrheit, und als du deine Hand ausstreckst und es mit deinem Herzen berührst, als du erkennst und verstehst, fühlst und liebst, als du das Geschenk und die Freiheit wieder an dich nimmst, die in diesem Gefühl verborgen lag, fällt der Sturm in sich zusammen, als wäre er niemals da gewesen.

Emotionen und Gefühle

Die Wand des Wirbelsturmes sind für mich die Emotionen. Sie sind nicht das eigentlich wahre Gefühl, sondern eher eine Art Schutzwand, welche das wahre Gefühl im Herzen des Sturms verschleiert. Und doch kommt man an ihnen nicht vorbei. Der Weg führt mitten durch diese Wand hindurch. Die Gefahr ist jedoch groß, in der Intensität der Story und der Emotionen stecken zu bleiben. Wenn das geschieht, drehen wir uns im Kreis. Immer wieder können wir die schrecklichen Emotionen nach oben holen, aber es geschieht keine Heilung. Im schlimmsten Fall eher eine Art Re-Traumatisierung. Dabei ist diese Wand gar nicht dick, der Weg hindurch nicht weit – es sind Akzeptanz, Selbstliebe und Präsenz, die für diesen kleinen Schritt notwendig sind.

Durch die Wand hindurch zu treten, sich durch eine Emotion oder Erfahrung hindurchfallen zu lassen, wirklich in die tiefste Tiefe hinab zu fühlen, ist eine innere, energetische Bewegung, die man mit der Zeit lernt und die beim besten Willen nicht wirklich erklären kann. Präsenz, Hineinatmen, sich hinein fallen lassen – es gibt viele Arten es zu beschreiben, aber es braucht für die meisten Menschen Erfahrung. Zu Beginn setzte dieser Moment bei mir eher durch eine Art Erschöpfung oder ein Aufgeben ein, später lernte ich, diese bestimmte Energie zu finden, die für diesen Schritt nötig ist. Es ist so etwas wie ein Gleichgewicht zwischen absolutem Willen und absoluter Hingabe.

Was mir verrückterweise geholfen hat, diesen Mechanismus zu verstehen, ist kalt zu duschen. Was bei mir passiert war, dass der ganze Körper sich zunächst verkrampfte, ich bekam Atemnot usw. Aber es ist möglich, sich völlig in diese Empfindung hinein zu entspannen und dann ändert sich die Erfahrung vollständig. Das gleich gilt auch für starken körperlichen Schmerz – auch hier ist es möglich, nicht die Sensitivität herunterzufahren und sich abzulenken, sondern völlig präsent im Schmerz zu sein, jede Nuance zu fühlen. Auch hier ändert sich die Erfahrung völlig, der Schmerz, das Leid verschwindet und was bleibt, ist nur eine sehr intensive, aber wertfreie Erfahrung.

Bei Emotionen ist es in meinen Augen sehr ähnlich. Das Leid entsteht hauptsächlich durch den Widerstand gegen die Erfahrung (kurz vor der Wand des Tornados) und die Anhaftung an die Story und die Emotionen (in der Wand des Tornados). Je schneller man durch diese Stadien kommt, desto schneller kommt man ins Zentrum und zur Heilung. Je länger man in diesen Stadien verharrt, desto mehr Leid entsteht für einen selbst. Um die Erfahrung selbst kommt man nicht herum, aber viel von dem Leid ist für die Heilung selbst nicht nötig.

Heilung braucht an sich nicht viel Zeit. Was viel Zeit braucht, ist die Bereitschaft zu entwickeln wirklich auf den Sturm zuzugehen und die Anhaftung an die Emotionen aufzugeben.

Problematisch ist für mich persönlich noch immer die Zeit, in der ich die Emotionen verleugne und selbst noch nicht spüren kann – hier braucht es oft jemanden oder etwas im Äußeren, das mich genug provoziert, dass sich diese Verleugnungs-Position verlasse – selbst wenn der Sturm schon etliche Male meinen Garten verwüstet hat. Es ist wohl eine Mischung aus Trotzigkeit, Angst und Groll die oft dazu führt, dass ich mir Sachen einfach nicht ansehen will.

Die Lagen der Emotionen

Wie ich schon mal in einem anderen Artikel beschrieben habe, sehe ich für die meisten Prozesse mehrere Schichten:

Verleugnung
Abwehr-Emotion (oft Projektion)
Masken-Emotion
Authentischer Schmerz
Authentisches Bedürfnis
Heilung/Geschenk

In Seminaren und auch in meinen Coachings konnte ich immer wieder beobachten, wie diese Schichten durchlaufen werden. Für jeden scheint ein anderes Stadium besonders schwer zu sein. Für mich ist es die Verleugnung, der Rest geht dann recht schnell.Andere scheinen einen guten Zugang zu ihren Emotionen zu haben, bleiben aber in Wirklichkeit in der Masken-Emotion (der Wand des Tornados) stecken, da sie sehr intensiv ist und man sich leicht darin verstrickt. Es ist oft gut, zu weinen, zu schreien, zu toben, um die Energie aus einem Thema „rauszulassen“, um den Widerstand aufzugeben und langsam tiefer zu gehen. Aber sensitive Menschen können sehr schnell fühlen, wann ein anderer Mensch sich im Drama verliert und aus dem authentischen Fühlen in ein emotional inszeniertes Drama abgleitet. Es ist für viele Menschen anfangs schwer zu glauben, dass diese Emotionen keine Wichtigkeit an sich haben sollen, dass sie sogar von den wahren Gefühlen ablenken können und der Heilung fast schon im Weg stehen. Und noch schwerer ist es, die Story gehen zu lassen, den Groll, die Schuld, oder was immer unser Verstand sich zurechtgelegt hat, um den ursprünglichen Schmerz zu kaschieren.

Auch in den Emotionen liegt immer eine Wahrheit, sie sind eine notwendige Schicht aber meine Erfahrung ist, dass erstens die Ursachen fast nie auf dieser Ebene liegen und man zweitens leicht stecken bleiben kann. Dann kann es passieren, dass man von Heiler zu Heiler und Seminar zu Seminar pilgert, ohne je wirkliche Erleichterung zu erfahren.

Was bedeutet das konkret? Es bedeutet, in emotionalen Prozessen immer wach zu bleiben, vor allem genau zu spüren, wo die Emotionen im Körper sind, und wie sie sich dort anfühlen. Für mich werden diese körperlichen Symptome immer wichtiger. Ein Teil meiner Aufmerksamkeit beobachtet den ganzen Tag, wie mein Körper reagiert. Es bedeutet auch, das Drama und die Story wahrzunehmen, aber sich nicht darin zu verlieren, sondern wachsam und neugierig zu bleiben und sich immer tiefer in das reine Fühlen hineinzubewegen, sich immer mehr in die Empfindungen hinein zu entspannen. Körperlichen Ausdruck wie Weinen, Schreien, Zappeln oder was auch immer sollte man unbedingt bewusst zulassen, aber sie sind nur Türen, durch die wir in die Tiefe gehen können, Schicht um Schicht.

Vielleicht hilft dem ein oder anderen dieses Bild. Ich wäre sehr interessiert, ob du schonmal eine Erfahrung gemacht hast, wie sich inmitten eines Dramas plötzlich ein Raum tiefen Friedens geöffnet hat und wie du das beschreiben würdest.

Alles Liebe
David

 

15 Comments

  • ritasa

    Wie immer ein sehr fundierter

    Wie immer ein sehr fundierter Artikel, danke dafür!

    In der östlichen Philosophie bzw. der Yogaphilosophie  wird dieses bewusste Hineingehen und  Zulassen dessen was sich zeigen will  'surrender' genannt. Mir gefällt die Übersetzung 'Hingabe' dafür am Besten. 

  • zini

    wahr-nehmen

     

     

    Lieber David..

    eigentlich fehlen mir die worte um zu beschreiben wie genau Deine Beschreibung mit dem übereinstimmt was ich an mir selbst erlebe.. 1000 Dank mal wieder für Deine präzise Beschreibungskunst!

    David Deida beschreibt genau dieses in seinem Buch Sex als Gebet auf andere Weise.. aber es 'fühlt' sich genauso an.. Alle Emotionen die auftauchen, offen zu erleben. Sich nicht zu verschliessen um unangenehmes irgendwie angenehmer zu machen, sondern genau das Gegenteil zu tun.. Sich in die Emotion hinein zu öffnen, sie vollends zu durchdringen und den Raum dahinter wahrzunehmen. (er nennt es) Den Raum der offenen Glückseligkeit, über die Emotion als Vehikel hinaus zu spüren und alles darin auszudehnen..

    Als persönliches Beispiel würde ich beschreiben.. ich fühle Wut, Trauer, Sehnsucht oder Anderes (wenn man erstmal damit anfängt wirds echt interessant) und mein erster Reflex ist es, genau dieses Gefühl wegschieben zu wollen und meinen Geist walten zu lassen, der sofort versucht das Gleichgewicht wieder herzustellen, indem er nach Erklärungen und möglichen Gegenpositionen gräbt. Nur nach unterschiedlichen Zeitabständen ermüdet oder abgelenkt oder überfordert ist und die Emotion sich wieder einschaltet.

    Wenn ich mich dann aber zurückfokussiere, ohne einen engen Aufmerksamkeitsstrahl zu produzieren, auf genau das Gefühl an dieser speziellen Stelle im Körper und nur dieses wahrnehme, ich dann zu diesem Gefühl in meinen körper gehe, in das Gefühl hinein, mich umschaue, es betrachte und in dem Moment als solches annehme (das tue ich automatisch wenn ich erstmal reingegangen bin) stehe ich in der Mitte dieses Gefühls an dem Ort im Körper an dem es die stärkste Ausstrahlung hat.

    Wenn ich ersteinmal in der Mitte stehe, brauche ich nur noch weiter zu gehen, indem ich mich von dem Ort an dem ich stehe ausdehne und alles was das Gefühl ist mitnehme, nichts ausspare und mich darüberhinaus ausdehne. Sofort bin ich in einem unendlichen Raum von Liebe und einfach nur da-sein. Wenn ich nun von 'dort' auf die Emotion schaue bzw. fühle, habe ich einfach nur Zuneigung für alles was eben noch unerträglich oder vermeintlich wundervoll war. Aber die Emotion hat sich in die Unendlichkeit hinein gedehnt.

    Es ist wie auf einmal auf der anderen Seite stehen und von dort aus sieht alles völlig anders aus und fühlt sich sowas von anders an.

    Gewisse Anteile bleiben noch übrig, aber ich stelle es mir vor wie Sandsieben. Ich nehme jedes mal ein Stück mehr von der Emotion mit wenn ich wieder hineingehe bis nichts mehr davon übrig ist und sich alles mit allem verbunden hat.

    Der Schmerz oder die Lust hat sich über seine scharfen Grenzen hinaus verbunden mit dem was dahinter liegt. Ist verschmolzen mit dem was die ganze Zeit dahinter ist. In jedem einzelnen Augenblick einfach nur wahrgenommen werden kann indem ich es wahr-nehme..

    🙂

     

     

     

     

    • David

      Körpergefühle

      Hallo Zini,

      danke für deinen Kommentar, der eine wunderbare Ergänzung ist – auch eine sehr, sehr  gute Beschreibung!

      David

  • Ulrike

    Begriffe.

    Hallo David,

     

    bei mir hat es einige Jahre gebraucht, um erst einmal die Verleugnungen zu erkennen.

    Sind Abwehremotion und Maskenemotion nicht das gleiche???

    Was sind Authentischer Schmerz und Authentisches Bedürfnis für Dich?

    Kannst Du vielleicht die Begriffe mal in einem Beispiel verdeutlichen?

     

    Danke für die spannenden Anregungen!

     

    Herzliche Grüße,

    Ulrike

     

    • David

      Abwehr

      Hallo Ulrike,

      Ja, das stimmt oft.

      Als Beispiel gäbe es aber folgendes Szenario:

      Es gibt Streit, du verfällst nach außen in eine Art "Ich armes Ich-alle sind gemein zu mir"-Depression (Maske). Darunter liegt versteckte Wut (Abwehr/Projektion), darunter vielleicht Einsamkeit/Gefühl von Ablehnung (Authentischer Schmerz), darunter das Bedürfnis nach völliger Annahme/Selbstliebe (authentisches Bedürfnis).

      Grüße
      David

       

       

      • Betty

        Hallo David,
        genau das was du

        Hallo David,

        genau das was du dort beschrieben hast würde ich gerne  verstehen lernen. Das was du schreibst verstehe ich schon, aber wenn irgendwelche Situationen passieren habe ich es nicht zur hand. Gibt es ein buch das genau das beschreibt und was verständlich geschrieben ist??

         

        Liebe grüße

        Betty

        • David

          Methode

          Hallo Betty,

          es liegt in der Natur der Sache, dass wir diese Dinge (zunächst) nicht in der Situation direkt bemerken können. Sie laufen völlig konditoniert und automatisch ab, und dienen ja gerade dazu, das Eigentliche vor uns selbst zu verstecken.

          Ich glaube nicht, dass es ein Buch oder eine Methode braucht. Viel eher viel Ehrlichkeit, Geduld und Übung in der Selbstbeobachtung.

          Mit der Zeit wird es leichter durch die Schichten hindurch zu sehen. Meist gelingt das erst gar nicht, dann nur zu spät, nach einer Situation, dann während der Situation, aber ohne das nötige Bewusstsein, tiefer zu gehen – dann wird es irgenwann plötzlich möglich.

          Ich denke, ein Bewusstsein darüber zu erlangen ist der erste Schritt. Dann kann man sich selbst beobachten und nachforschen, wie man selbst funktioniert.

          Ansonsten glaube ich, das fast alle Methoden zur Selbsttransformation vom Prinzip so funktionieren, alle drücken es nur sehr anders aus. Wenn du eine Methode suchst, kann ich dir aber nicht so helfen, weil ich selbst nie "nach Lehrbuch" gearbeitet habe.

          Liebe Grüße
          David

           

  • Andrea089

    Der wichtige Unterschied

    Hallo lieber David,

    auch ich verfolge immer wieder voller Dankbarkeit Deine Gedanken.

    Ich spüre auch in diesem Artikel wieder meine Verstrickungen und verwechsle immer noch sehr oft Herz und Verstand – ganz besonders natürlich wenn ich meine Emotionen nicht als solche erkennen kann.

    Hierbei möchte ich noch zu Deinen Ausführungen den klaren Unterschied zwischen Emotion und Gefühl hervorheben:

    EMOTIONEN wurzeln in der Vergangenheit, Gefühle hingegen gehören zur Gegenwart. Emotionen habei eine zerstörerische Kraft, weil sie unbewusst sind und auf Projektionen beruhen. Sie kommen aus unseren verganenen aber nicht mehr notwendigen Überlebensstrategien und Mustern. Sie werden automatisch mit bereits Erlebtem verglichen und bewertet und erscheinen immer mit klaren Körperreaktionen (Erröten, Hitzeempfinden, Verspannungen etc.).

    Im Gegensatz dazu sind GEFÜHLE dem Bewusstsein zugänglich, sie tauchen in Ruhe auf, sind klar und kennzeichnen eine gereifte Persönlichkeit. Gefühle sind ein authentischer Ausdruck dessen was JETZT ist. Wo es uns leichter fällt genau hinzusehen, Reaktionen wie Weinen oder auch Zappeln 😉 zuzulassen und diese Gefühle anzunehmen.

    Für mich ein ganz wichtiger Punkt beim Erkennen dieses Unteschieds; wo ich mich Besinnen kann, wenn mir wieder mal der Atem stockt oder mein Herz zu Rasen beginnt – das hat für mich nichts mit den hier-und-jetzt zu tun, das kommt aus meiner Vergangenheit und ich habe die Möglichkeit diese Emotionen in Gefühle zu wandeln.

    Ich lese aus Deinem Kommentar auch diese Wandlung, die hier Schicht um Schicht auch für Dich möglich ist.

    Danke lieber David für's Teilen Deiner Einsichten

    Andrea

     

    • David

      Definitionen

      Hallo Andrea,

      das ist eine gute Unterscheidung.
      Tatsächlich war der Titel des Artikels eigentlich irreführend, das er gar nicht auf den Unterschied eingeht und sich nur auf die Arbeit mit Emotionen bezieht. Ich habe den Titel geändert.

      Danke für deine Ergänzung.

      Grüße

      David

  • Steffen Rühl

    Eine schöne Beschreibung

    Lieber David,

    ich bin das erste Mal auf Deiner Seite und finde Deinen Artikel sehr klar und mit dem Bild des Tornados sehr treffend. Vielen Dank dafür.

    Ich würde noch den Aspekt ergänzen, der den Tornado wieder anfacht. Die Mechanismen die die Emotionen beschwören werden oft durch einen Impuls ausgelöst. In Bruchteilen einer Sekunde steigen dann die Emotionen auf – das ist der Augenblick in dem die Achtsamkeit uns rettet – bzw. unseren Vorgarten 🙂

    Du schreibst "Doch dann ist es plötzlich anders."

    Das ist der Moment wie dem Aufkommen der Emotion gewahr werden, weil wir achtsam sind. Und das ist auch wichtig, da nach meiner Erfahrung der Impuls und das In-Gang-Setzen der Emotion sehr lange, vielleicht auch unser Leben lang, bleibt.

    Aber wir können den Impuls und die aufkommende Emotion (Energie) dann ziehen lassen. Wir folgen ihr nicht und kehren direkt wieder in die Ruhe.

    Ich freue mich auf weitere Deiner Artikel!

    Liebe Grüße

    Steffen

    alltagsmeditation.wordpress.com

     

  • Andrea R.

    Danke dir für diesen

    Danke dir für diesen wunderbaren Artikel.

    Ich selbst arbeite gerade sehr intensiv an diesem Thema. Auch ich merke immer wieder, das ich in Leiden hereinrutsche und hängen bleibe, obwohl ich das gar nicht möchte.

    Ich mache die DBT (Dialektisch-behaviorale Therapie) seit über 1 Jahr. Auch da wird erklärt, das es passieren kann, das man nicht erkennt ,das hinter dem ausgelebten Gefühl ein anderes Gefühl steckt und mit der jetzigen Situation gar nichts zu tun hat.

    Dort wird es anhand des Gefühlkarussell beschrieben:

    Mit dem Gefühls-Karussell wird aufgezeigt, das nicht unbedingt das Gefühl, das schlussendlich man empfindet auch das Gefühl war, das ursprünglich durch irgendetwas ausgelöst wurde.

    Ursache dafür sind unsere sehr individuelle Grundannahmen. Durch zum Beispiel invalidierendes (abwertendes/ nicht stimmig erklärtes) Verhalten unseres Umfelds glauben wir an bestimmte Glaubenssätze oder Grundannahmen. Diese verschleiern uns aber die ursprüngliche Emotion/ Gefühl.

    Ein Beispiel hierzu:

    1. Wir hatten als Kind Angst. Diese Angst, die für uns damals sehr real war und bedrohlich wurde von unseren Eltern abgetan. „Tu nicht so“, „wegen so einer Kleinigkeit, darf man doch keine Angst haben!“, „das ist doch Lachhaft“,…

    Grundannahme ist z.B.: „Ich darf mich nicht vor…. fürchten.“

     

    1. Wir empfinden durch die Aussagen unserer Eltern und unsere Grundannahme als Beispiel: Scham

     

    1. Auch hier gab es durch unser Umfeld evtl. irgendwelche Grundannahmen, die uns in das Gefühl der Schuld manövrieren.

     

    1. Auch hier gab es evtl. wieder eine Grundannahme die in uns das Gefühl Ärger / Wut heraufholen. Das kann dann zum Beispiel der EXIT / Ausgang sein. Dieses Gefühl herrscht in uns vor, diesen Handlungsimpuls leben wir dann (oft unbewusst) aus. Der Handlungsimpuls von Wut/Ärger ist aber ein ganz anderer wie von Angst. Somit könnte es passieren, das wir Konsequenzen tragen müssen, die nicht hätten sein müssen. (Handlungsimpuls = das Gefühl treibt uns dazu dem Gefühl enstprechend zu handeln, denken, und auch der Körper reagiert dementsprechend. Bei Ärger ist es Angriff, Kiefer baut Druck auf, Schulter und Arme verspannen sich, Puls beschleunigt, wir Atmen schneller, wir wollen uns rächen,…)

    Das ganze ist nur ein Beispiel und kann durch die individuellen Grundannahmen jedes Einzelnen sehr unterschiedlich aussehen!!!

    Beim persönlichen Gefühlskarussell kommen im Anschluss an das jeweilige Gefühl nur Gefühle, wo man selbst ein Ausgang findet.

    Das Primärgefühl ist oft eins der Basisgefühle wie (Angst, Ärger, …). Und das für ein paar Millisekunden! Danach geht es in ein Sekundärgefühl über.

    Die Grundannahme zu dem vorherigen Gefühl blockiert uns quasi den Ausgang. Wir können dem entsprechenden Handlungsimpuls nicht folgen und es löst bei uns ein anderes, weiteres Gefühl aus.

     

    Darf ich dein Blog – dein Text in meinem Blog erwähnen?  Ich finde ihn sehr gut. Quelle gebe ich natürlich an 😉

    Werde hier sich ab nun öfter vorbei schauen. Nochmals vielen Dank!

     

  • Matte

    Vertiefen der Gefühle

    Hallo David,

    ich bin so dankbar, dass ich auf Eure Seite gestoßen bin. Es fühlt sich an, als ob da endlich welche wären, von denen man sich verstanden fühlt. Eine Nachhausekommen quasi. 

    Dass die Gefühle eine prima Einstiegsmöglichkeit sind, um endlich Heilung von den inneren Blockaden zu erfahren, habe ich in Ansätzen durch Bücher von N.D. Walsch erfahren. Vorträge von Robert Betz haben dieses Wissen vertieft. Zuletzt ist mir dies durch die Webseite von Martin Rubeau noch eindringlicher klar geworden. 

    Ich bin auch seit einigen Wochen intensiv dabei, meine Gefühle zu erkunden. Dabei erlebe zeitweilig, dass eine Trauer in mir aufsteigt, die sich tränenreich auflöst. Begleitet wird dies häufig von einem intensivem Gähnen. Vor einigen Tagen meinte ich ich sogar, versteckt hinter einem Schleier ein tiefes Gefühl der Liebe zu erahnen. Leider konnte ich den Schleier nicht auflösen. 

    Irgendwie habe ich aber immer noch das Gefühl, dass ich lediglich an der Oberfläche kratze. Andererseits habe ich in den letzten Tagen immer wieder ein beinahe pulsierendes heißes bis brennendes Gefühl in der Herz- und Halsgegend. Dennoch kam ganz großer Frust in mir auf, weil ich irgendwie keine tieferen Kontakt zu meine Gefühlen mehr zu bekommen scheine. 

    Hast Du eine Rat, wie ich "tiefer" kommen kann? Was mag das brennende Gefühl in Hals- und Herzgegend bedeuten?

    Matthias

    • David

      Zeit lassen

      Hallo Mattias,

      danke für dein schönes Lob.

      Was du beschreibst, klingt für mich, als ob sich eine energetische Blockade in der Herzgegend  auflöst.

      Es scheint, dass du dich gerade einem tiefen Schmerz stellst. Es klingt für mich nicht, als hättest du keinen Kontakt zu deinen Gefühlen. Es braucht nur noch etwas mehr Wachheit und Sensitivität.

      Diese Prozess sind sehr anstrengend für die Seele und nicht selten ist Müdigkeit ein Fluchtmechanismus, noch eine Ebene tiefer zu gehen. Das System schaltet sich quasi einfach aus – daher womöglich das Gähnen. Falls sich das so für dich anfühlt, finde einen Weg, wieder in den Körper und deine Mitte zu kommen. Falls es sich jedoch anfühlt, als wärst du nach tagelangen Prozessen aurichtig erschöpft, sei lieber etwas behutsam – sich zu pushen bringt nur selten Erfolg.

      Ich empehle erstens sehr genau zu fühlen, wie sich die Emotion in deinem Körper anfühlt und dich diesen Empfindungen völlig zu öffnen, als würdest du in sie hineinsinken oder sie umarmen. Versuche in deinem Körper präsent zu bleiben und acht auch auf feine Impulse, irgendwas zu tun – wie Bewegung, tanzen, Tönen, schreien, eine Bestimmte Musik hören oder sowas. Tanzen empfehle ich sehr in solchen Prozessen, wobei ich mit Tanzen in diesem Kontext meine, den Körper sich einfach bewegen zu lassen, wie er will.

      Zweitens bleib wach, halte die Verbindung zu deiner Seele. Emotionalität alleine ist nicht heilsam, es ist das Bewusstsein, was du in die Emotionen bringst, und das Erinnern an deine Vollständigkeit inmitten der Emotionen, die letztlich heilt.

      Viele Grüße!

      David

      • Matte

        Zeit lassen

        Hallo David,

        vielen Dank für Deine Hilfe. Wird mir ganz bestimmt weiterhelfen.

         

        Lieben Gruß,

        Matthias

  • Dijana

    Hallo David.
    Danke für deinen

    Hallo David.

    Danke für deinen tollen Bericht/Artikel. Er hat mir nochmal Klarheit verschafft über die emotionale Verstrickung und wo der Ausgang ist. Die Situation die du beschreibst kenne ich nur zu gut, wie oft wünschte ich mir kein Mensch mehr sein zu müssen um dieses Gefühl nicht mehr zu ertragen, aber wie du schon sagtest, es gibt keinen Hinterausgang, wir müssen mitten durch den Sturm…Oft strauchelte ich und war kurz davor zu fallen, doch ich nahm alle Kraft zusammen und erhob mich wieder.

    Vor ein paar Tagen konnte ich die tolle Erfahrung machen, mitten in einem Drama den Frieden zu spüren. Gleiche Situation wie des öfteren, wusste schon was wieder auf mich zukommen würde, ich wusste, es gibt keinen Ausweg, da muss ich durch. Doch der Angst davor gab ich keine Macht, ich stellte mich ihr und blieb ruhig und gelassen. Zu meinem erstaunen empfand ich in der Situation die wieder aus den Fugen zu geraten schien wirklich Ruhe, ich ließ mich nicht auf die negativen Emotionen ein und sah sie nur als Beobachter. Der Moment der mich des öfteren zur Weißglut brachte machte mir nichts aus, ich fing sogar an darüber zu lachen und zu schmunzeln….das war ein richtig tolles Gefühl, so Herr seiner Emotionen zu sein. Ich hoffe es dauerhaft so hinzubekommen, das wäre echt fantastisch.

    Liebe Grüße Dijana